Monitoring an Greifen und Kolkraben im Unterspreewald 1996
 
 
Monitoring an Greifen und Kolkraben im Unterspreewald 1996

Einleitung

Greifvögel sind wichtige Indikatoren für Artenvielfalt und Leistungsfähigkeit halboffener Kulturlandschaften und stehen auf Grund ihrer Lebensweise seit jeher im Blickfeld des Menschen.
Da Kartierungen auf ausreichender Flächengröße aus dem Unterspreewald von Schiermann aus dem Jahre 1926, Weingardt 1978, Hastädt und Nitschke 1991/92 für das Gebiet vorliegen, empfahl sich eine neuerliche Inventarisierung 1996, um eventuelle Auswirkungen der zwischenzeitlich erfolgten Änderungen von Nutzungsart und Intensität der Landnutzung auf die Ordnung der Falconiformes und Corviden erkennen zu können.
Auf Grund des zur Verfügung stehenden Mitarbeiterstamm`s der Naturwacht, wurde auch der im Biosphärenreservat Spreewald liegende Teil der Stadt Lübben einbezogen, so daß die reich gegliederten Landschaften der NSG „Ellerborn „ und „Innerer Oberspreewald“ und die Stadt Lübben selbst mit erfaßt wurden.


Zielstellung

Die veränderte Landnutzung im BR Spreewald , welche durch Extensivierung von ca. 70 % des Grünlandes und 50 % des Ackerlandes und das Wirksamwerden biotopeinrichtender Maßnahmen , wie das Pflanzen von ca. 75 km Hecken und Baumreihen , hauptsächlich entlang von Fließen, gekennzeichnet ist, führte zu einer reicheren Strukturausstattung unserer Landschaft.
Das Brachfallen und Stillegen von ca. 10 % dürfte ebenfalls nicht ohne Einfluß gerade für hauptsächlich von Kleinsäugern lebende Greife wie Mäusebussard und Turmfalke sein.
Hinzu kommt die Frage, ob durch touristische Aktivitäten Teile der Landschaft so beeinflußt werden, daß sie als Brut- und/oder Nahrungshabitat für die untersuchten Arten ausfallen.



Material und Methode

Das insgesamt 17500 ha große Untersuchungsgebiet beinhaltet den Unterspreewald komplett, den nordwestlichen Teil des Oberspreewaldes und den östlichen Teil der Krausnicker Grundmoränenplatte mit aufgesetzten Endmoränenhügeln.
(Siehe beiliegende Karte 1:75000)
Die Höhenlage beträgt 43 m NN an ihrem tiefsten Punkt am Neuendorfer See und erreicht mit dem Wehlaberg 144 m NN.
53,1 % des Gebietes sind bewaldet , 36,5 % Acker und Grünland, 4 % Still- und Fließgewässer und 6,4 % Siedlungen.
Die Gebiete wurden im Januar und Februar belaufen und dabei alle Horste und Nester ab Taubennestgröße erfaßt und in TK 1:10000 eingetragen.
Von April bis Juni wurden dann diese und hinzugekommene Neubauten auf ihre Besetzung kontrolliert.

Rohrweihenbruten wurden durch Beuteübergabe- und Eintrag in den Horst festgestellt.
Die Reproduktionsrate wurde nicht ermittelt, da sich der Aufwand und die damit einhergehenden Störungen nur bei einer Beringung gelohnt hätten.
Außerdem waren die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von Seeadler, Schwarzstorch und Kranich im Brutgebiet zu beachten.


Ergebnis


Wespenbussard (Pernis apivorus)

Trotz intensiver Beobachtung gelang nur ein Brutnachweis, anhand von Sichtbeobachtungen (Balzflüge) ist mit mindestens zwei weiteren Paaren zu rechnen.
Die Erstbeobachtung war am 13. Mai im Koppainz (A.Weingardt) und die Letzte am 18. August in der Nähe des Lehmannsfließ (T.Noah).


Schwarzmilan (Milvus migrans)

Der Schwarzmilan ist im jahreszeitlichen Verlauf vom 25. März (A.Weingardt) bis zum 4.September (T.Noah) zu sehen gewesen.
Es brüten sechs Paare im Gebiet, es ist vermutlich zu einer Abnahme gekommen. Hierzu ist ein Vergleich mit den Abudanzen der älteren Erfassungen notwendig, die Gegenwärtige liegt bei 3,4 BP/100 km² .
An der Mülldeponie Lübben hielten sich am 10.Juli 16 und 14. August 23 Exemplare auf (T.Noah).


Rotmilan (Milvus milvus)

Diese augenscheinlich häufiger gewordene Greifvogelart ist mit 11 Brutpaaren im Gebiet vertreten, Überwinterungen sind bisher nicht bekannt geworden. Früheste Beobachtungen liegen vom 12. Februar vor ( I.Heinrich).
Im Raum Pretschen wurden am 30. Juli durch T.Noah 14 Tiere der Art beobachtet, was die bisher höchste Konzentration im Spreewald darstellt.
Dort waren es am 7. September immer noch 12 Ex.
Am 13.Oktober sah D.Beese bei Groß Wasserburg den letzten Rotmilan des Jahres 1996.

Seeadler (Haliaeetus albicilla)

Seit 1990 ist die Art im Gebiet mit einem Brutpaar vertreten.
Während es in den ersten Jahren zu ständigen Störungen durch die Forstwirtschaft kam , flogen, nach der Umsiedlung 1995 in ein ruhigeres Revier, 1996 zwei Jungvögel aus. Zwei in der Umgebung horstenden Brutpaare hatten ebenfalls diesen Bruterfolg zu verzeichnen.
Die Art ist ganzjährig im Gebiet vertreten und lebt in erster Linie vom Fischfang und dem Auflesen toter Fische, erfolgreiche Jagden auf Bleßrallen sind aber auch beobachtet worden.
Im Winterhalbjahr kommt es, solange Teile der Teiche eisfrei sind, zum Zuzug aus umliegenden Gebieten und es werden bisweilen mehr als 20 Vögel beobachtet. So am 28.März in der Nähe von Hartmannsdorf 28 Exemplare (A.Weingardt) und am 3.Dezember am selben Ort 26 Exemplare (T.Noah).


Rohrweihe (Circus aeruginosus)

Die Art ist mit 8 Brutpaaren im Gebiet vertreten , was einer Abudanz von 4,6 BP/100 km² entspricht.
Der erste Vogel, ein Männchen, wurde am 25.März gesehen (A.Weingardt), der letzt, ein weibchenfarbiges Ind., am 2.November im Polder Kockrowsberg (T.Noah).


Kornweihe (Circus cyaneus)

Diese seit mehr als zehn Jahren als Brutvogel im Gebiet ausgestorbene Art ist nur noch als seltener Durchzügler und Wintergast zu beobachten.
Die letzt Beobachtung war am 28.April im Koppainz, während die Erste am 28.September südlich Radensdorf auf einer Brache gesehen wurde. (A.Weingardt).


Wiesenweihe (Circus pygargus)

Eine einzige Beobachtung am 23.Juli im Polder Kockrowsberg unterstreicht die Seltenheit der Art (S.Weiss).


Habicht (Accipiter gentilis)

Das Jahr 1996 muß als eines der schlechtesten für den Habicht im Spreewald gelten. Es wurde nur ein Bruthorst gefunden, zwei weitere, über Jahrzehnte bekannte Reviere , waren nicht besetzt.
Vom Mai bis Juli gab es nur fünf Sichtbeobachtungen außerhalb des engeren Horstbereiches. Zum Beispiel wurde an den sonst regelmäßig beflogenen Fischteichen im Unterspreewald im Sommer nicht ein Vogel der Art gesehen.


Sperber (Accipiter nisus)

Diese Art ist nach der letzten Brut 1978 erst seit 1993 wieder im Gebiet als Brutvogel nachgewiesen worden. 1996 wurde eine sichere Brut in den Krausnicker Bergen nachgewiesen und ein zweites Paar im Raum Lübben beim Horstbau beobachtet. Dieses zeitigte aber kein Gelege. Auf Grund der Seltenheit gibt es im Sommer kaum Sichtbeobachtungen der Art.


Mäusebussard (Buteo buteo)

Er ist mit 64 Brutpaaren die am stärksten vertretene Greifvogelart.
Bemerkenswerte Konzentrationen gab es am 23.Januar in der Landgrabenniederung mit 104 Exemplaren (T.Noah). Auf dem Wegzug sah J.Schultka am 25.Oktober 63 Exemplare in südlicher Richtung über Alt Schadow ziehen. Am 27.Oktober waren es 10 Exemplare.
Die Abudanz beträgt 36,5 BP/100 km².


Rauhfußbussard (Buteo lagopus)

Der Rauhfußbussard ist Durchzügler und regelmäßiger Wintergast und ist im Gebiet bis März (8.März bei Dürrenhofe A.Weingardt) und ab Mitte Oktober (9.Oktober bei Biebersdorf T.Noah) regelmäßig zu beobachten.


Schreiadler (Aquila pomarina)

Diese Art ist seit mindestens 1926 nicht mehr als Brutvogel im Gebiet nachgewiesen (Untersuchungen von Schiermann) und tritt auch auf dem Zug nur sehr selten auf.
Das letzte mal am 10.5.93 südwestlich des Kriegbusch (Weingardt).


Fischadler (Pandion haliaetus)

Die Art brütet zur Zeit nicht im Untersuchungsgebiet. Die Fischteiche Petkampsberg werden aber ständig von Brutpaaren aus dem Ostbrandenburger Heide- und Seengebiet beflogen. Die Erstbeobachtung erfolgte am 20. März (I.Heinrich), die letzte Beobachtung am 21. Oktober (T.Noah).
Massierung auf dem Wegzug (9 Ex) wurden am 26.August durch T.Noah in der Teichwirtschaft Petkampsberg beobachtet beobachtet.


Turmfalke (Falco tinnunculus)

Der Turmfalke hat sich offensichtlich in den letzten 20 Jahren aus der offenen Landschaft sehr zurückgezogen, so brütet außerhalb der Stadt Lübben nur noch ein Paar auf einer Pappel am A-Graben bei der Bukoitza.
In der Stadt horsten vier Paare an Gebäuden. Die Abudanz beträgt 2,9 BP/100 km².
1997 soll in der ehemals von der Art gut besiedelten Landschaft südöstlich Lübben`s ein Nistkastenprogramm starten.


Rotfußfalke (Falco vespertinus)

Diese Art tritt als gelegentlicher Durchzügler im Gebiet auf und wurde am 17.Juni bei Lübben von T. Noah gesehen.


Merlin( Falco columbarius)

Als Wintergast tritt der Merlin im Gebiet alljährlich auf.
Im Untersuchungszeitraum geschah dies bis zum 1.März (Hartmannsdorf A.Weingardt) und ab dem 11.November (Krumme Spree T.Noah).


Baumfalke (Falco subbuteo)

Von dieser Art wurde im Jahr 1996 nur ein sicheres Brutpaar ermittelt, was einer Abudanz von nur o,6 BP/100 km² entspricht.
Die Erstbeobachtung war am 25.April über dem NSG „Kriegbusch (A.Weingardt).
Eine für die Art typische Gemeinschaftsjagd auf Großinsekten wurde am 29.Mai über dem Polder Kockrowsberg festgestellt (T.Noah), daran waren sechs Tiere beteiligt.
Die letzte Beobachtung gelang T.Noah am 10.Oktober am Köhtener See.

Wanderfalke (Falco peregrinus)

Insgesamt sechs Beobachtungen deuten auch bei uns eine Widerbesiedlung des ehemaligen Verbreitungsgebietes an.
Der Erste , ein adultes Männchen, wurde am 25.März bei der Jagd auf Limikolen in der Nähe der Ragower Kahnfahrt beobachtet (A.Weingardt), der Letzte am 3. November von T.Noah an den Fischteichen Petkampsberg.


Kolkrabe (Corvus corax)

Die Bestände der Art haben weiter zugenommen und es horsten jetzt neun Paare im Gebiet, was einer Dichte von 5,1 BP/100 km² entspricht.
Auf der Mülldeponie Lübben/Ratsvorwerk sind bis zu 397 Tiere zu beobachten
(14.8.1996 T.Noah).


Zusammenfassung


Insgesamt konnten 1996 im Gebiet 17 Greifvogelarten beobachtet werden, davon 10 als sichere Brutvögel.
Der Vergleich der Siedlungsdichten ergibt für das Jahr 1991 deutlich höhere Abundanzen, was der zu kleinen Untersuchungsfläche geschuldet ist. Für vergleichende Untersuchungen sind nach Stubbe nur Flächen über 100 km² geeignet.

Im Verhältnis zu 1978 hat sich der aus der Zahl von Sichtbeobachtungen vermutete Rückgang des Schwarzmilan bestätigt, wobei die Ursachen nicht erklärbar sind.
Der Rotmilan hat dagegen seinen Bestand gehalten.

Auffallend ist der Rückgang des Habicht, das Übersehen von besetzten Horsten ist unwahrscheinlich, da die drei im UG liegenden Horstreviere seit Jahren mit in Frage kommenden Ausweichhorsten bekannt sind .
Auch ein knapp außerhalb des Reservates liegendes Revier war nicht besetzt. Es ist denkbar, daß unsere Habichte, denen im langen Winterhalbjahr 1995/96 die Möglichkeit des Jagens von Wasservögeln genommen war, weit verstreichen mußten und dabei die entsprechenden Verluste erlitten.
Einzig ein Paar, welches auch die Stadt Lübben bejagt, brütete mit Erfolg. Ein Jungvogel verunglückte im Sommer in der Stadt an einer Scheibe der Landesklinik.

Der 20 % Rückgang des Mäusebussards kann auch eine Folge des Winters sein.
Bei einem Vergleich der Raumnutzung im nordwestlichen Oberspreewald fällt der Rückgang von 21 Brutpaaren 1978 auf 6 ! 1996 auf.
In diesem Gebiet, welches vor der Wende als Intensivgrasland genutzt wurde, liegt ein großer Teil Brach oder ist wieder zu einem Großseggenröhrichtmoor geworden.
Hier verschwanden auch 6 von 7 Turmfalkenpaaren.

Erfreulich ist die Widerbesiedlung des Gebietes durch den Sperber und die Stabilisierung des Seeadlerbestandes in der Form, daß auch Jungvögel aufgezogen werden.

Offene Fragen bleiben hinsichtlich der Bestände von Wespenbussard und Baumfalke, einschließlich Brutverdacht sind drei bzw. zwei besetzte Reviere sehr wenig in unserer doch recht reich strukturierten und waldreichen Landschaft.

Gerade um das Wissen über die selteneren und schwer erfaßbaren Arten zu vertiefen, wird die Kartierung im Jahr 1997 wiederholt.
Parallel dazu wird in diesem Jahr ein Nistkastenprogramm für den Turmfalken aufgelegt , da zumindest visuell die Anzahl von Nebelkrähennestern ebenfalls geringer geworden ist.


A.Weingardt
Leiter NW Unterspreewald

Art des Horstbaumes und Höhe des Horstes